Die Symbolik von Weihnachten

Von den Traditionen und Festen, die sich bis zum heutigen Tag erhalten haben, ist Weihnachten ohne Zweifel das berühmteste. Die Ursprünge seiner vielfältigen Bedeutungen und Eigentümlichkeiten sind hingegen weitläufig unbekannt.

Jedermann weiss, dass Weihnachten das grosse Fest der Geburt Christi ist; aber kaum jemand ist sich bewusst, dass man seit undenkbaren Zeiten, lange vor der Ära des Christentums, in diesem speziellen Moment des Jahres, die Wiedererneuerung der Natur und das Wiedererscheinen des Lichtes feierte. 


In den romanischen Sprachen geht die Bezeichnung für Weihnachten auf die lateinische Sprachwurzel „Natalis“, also auf den „Tag der Geburt“ zurück. Im Englischen bedeutet „Christmas“ soviel wie die „Messe des Christus“ und das deutsche „Weihnachten“ entspricht den „Heiligen Nächten“. Allgemein kann gesagt werden, dass sich die Idee der Wiedererneuerung der Natur mit der einer göttlichen Geburt verbindet. Im Mittelalter wurde Weihnachten zum enthusiastischen Ausdruck der Freude des Volkes.


Im 3. und 4. Jahrhundert feierte der gesamte christliche Orient das Fest der Geburt Christi um den 6. Januar, am Dreikönigsfest. Dieses Fest ist auch bekannt unter dem Ausdruck „Epiphanie“, was soviel bedeutet wie „Erscheinung, Manifestation“. Nun ist dies tatsächlich genau der Tag, an dem auch die Erscheinung des griechischen Gottes Dionysos – und seiner ägyptischen Entsprechung Osiris – stattgefunden haben soll.


So glaubte man, dass dabei die heilige Quelle des Dionysos auf der Insel Andros die Farbe des Weines erhielt, und sich das Wasser des Nils in Wein verwandelte. Auch der christliche Festkalender feiert an diesem Tag die wunderbare Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit von Kana. 


Die Wintersonnenwende


In den romanischen Sprachen hat das Wort für Sonnenwende: „Solstice“ die Bedeutung „Sol stat“, das heisst der Moment, in dem die Sonne in ihrem Lauf anhält.


Mit dem Nahen des Winters werden die Tage kürzer und Sonnenauf- und untergang nähern sich zunehmend an, bis sie einen Grenzwert erreichen. Am 21. Dezember und den darauf folgenden Tagen bewegt sich die Sonne nicht auf ihre gewohnte weise. Nach 3 Tagen der scheinbaren Unbeweglichkeit, beginnt am 25. Dezember ein neuer Kreislauf.


Die Neugeburt des Lichtes in der Welt.
Mit der Wiedergeburt des Gestirns beginnt eine Neu-Organisation der Welt: Zahlreiche Volkstraditionen stehen für diese Tatsache, indem sie den 12 Tagen nach Weihnachten eine erneuernde Energie für die folgenden 12 Monate des Jahres zugestehen. Es ist dies ein Zeitraum, während dem „alles erlaubt ist“, da sich ja die Weltenordnung erst wieder am letzten der 12 Tage einstellen wird, am „Tag der Könige“. Somit ist der 6. Januar, der Tag der Epiphanie, der Tag, an dem der endgültige Sieg des Lichtes über die Dunkelheit gefeiert wird.


Das christliche Weihnachten


Das wirkliche Geburtsdatum Christi ist nicht gesichert. Kein Text der Heiligen Schrift macht darüber genaue Angaben. Es wurde ungefähr um 336 n.Chr. im Westen mit dem 25. Dezember festgesetzt und ersetzte so das ursprüngliche heidnische Fest der „Unbesiegten Sonne“, sowie des Sonnengottes Mithras, dessen Geburt im gesamten Rom der Antike an diesem Tag gefeiert wurde.


Ist nun aber Christus nach den Worten der Bibeln, nicht auch die „Sonne der Gerechtigkeit“? Weiters steht fest, dass dieser Abschnitt des Jahres, der heute vom christlichen Gedankengut dominiert wird, uralte Riten in sich birgt. Es ist die Zeit der Wintersonnenwende, und ohne ins Detail zu gehen, können wir Tatsachen entdecken, die auf eine grundlegend mystische Zeit hindeuten. Der christliche Kalender feiert zur Zeit der beiden Sonnenwenden die beiden Heiligen Johannes, vertraute Begleiter von Jesus. Es sind dies zwei Pole, die sich ergänzen:


 


• Das Fest des Hl. Johannes des Täufers, der 6 Monate vor Weihnachten geboren wurde, wird zur Zeit der Sommersonnenwende im Zeichen des Krebses gefeiert. Bis in unsere Zeit werden die Johannesfeuer am 24. Juni entzündet. Sie erinnern an die evangelische Prophezeiung: „Viele werden durch seine Geburt erfreut werden“. Johannes predigte in der Wüste, dass er mit Wasser taufe, aber der, der nachkomme, werde mit dem Hl. Geist und dem Feuer taufen“. Er sagte weiters, dass „er schwinden müsse, damit jener wachse, der wissend ist, der grösser ist als er“.


• Das Fest von Johannes dem Evangelisten wird am 27. Dezember gefeiert. Er ist der „Jünger, den Jesus liebte“ und erscheint am Gipfel des Hügels (der Verklärung – oder Läuterung, von Golgotha).


Mit der Verschmelzung der beiden Lebensprinzipien bilden die beiden Johannes in esoterischer Sicht ein Wesen, und dieses Doppelwesen besitzt die zwei Gesichter des JANUS: jedes davon betrachtet je eine Hälfte des Jahres, das eine das Wachsen der Tage (Zukunft), das andere deren kürzer werden (Vergangenheit).


Das heidnische Weihnachten



Wir haben bereits erkannt, dass das Weihnachtsfest einen doppelten Ursprung hat: einen christlichen und einen heidnischen (heidnisch = franz.: „Paren“ = „mit der Erde verbunden“). Somit begegnen wir auch zahlreichen damit verbundenen Symbolen, die überlebt haben und benutzt werden, ohne dass man ihre Ursprünge kennt.


Der Weihnachtsbaum stellt beispielsweise das dar, „was nicht stirbt“. Seine „Blätter“ (= Nadeln) fallen niemals ab. Er trotzt der winterlichen Kälte und bleibt das ganze Jahr hindurch grün. Der Baum gibt somit Zeugnis dafür, dass das Leben sich im Verborgenen fortsetzt und sich beim Wiederkehren der schönen Tage aufs Neue erstreckt. Er ist Symbol für den kosmischen Baum, der das Leben des Universums darstellt. Das Leben bis zur Quelle, dem Stern der über seinen Wipfeln erstrahlt.


In jüngerer Zeit geht sein Ursprung in das Elsass des 16. Jhdts. zurück, aber ohne Zweifel geht die Tradition des Weihnachtsbaumes (oder der Zweige) auf sehr viel frühere Zeiten zurück. (1. Weihnachtsbaum in Paris: 1837, bei den Tuilerien, von Prinzessin Helene v. Macklemburg, Gattin des Herzogs von Orleans).


Das nordische Weihnachten


In den Ländern des Nordens fällt Weihnachten mit sehr alten Zeremonien zusammen: den Festen von Thule, einer Epoche von Feierlichkeiten, die verschiedenen Göttern der germanischen Mythologie gewidmet sind. Odin, der Gott der Toten, kam auf die Erde und man leerte den Becher zu seinen Ehren. Danach feierte man „trinkenderweise“ Njord und Freya, die Götter der Fruchtbarkeit und des Überflusses. In einigen Gegenden ritt Wotan persönlich durch die Wälder, sprang dann vom Pferd und entzündete ein riesiges Holzscheit, dem das Licht entsprang, denn Thule ist auch das Fest des Feuers.


In dieser Zeit der Wintersonnenwende ist das Licht verschwunden, die ganze Erde ist in Dunkelheit gehüllt; riesige Feuer wurden deshalb entzündet, um die Geister der Dunkelheit zu vertreiben und die neue Sonne herbeizurufen.
 
Wir sehen, dass sich quer durch alle diese Traditionen das Bedürfnis des Menschen ausdrückt, die Zyklen des Lebens bewusster und im Einklang mit der Natur zu erleben und das Andenken an die Ursprünge und den verborgenen Sinn der Dinge zu bewahren. Auf eine inspirierende Geburt des Lichtes in uns und in der Welt.